Großartige Bergerlebnisse in den Sextener Dolomiten – 5. – 8. Sept. 2002 Faszinierende „Drei Zinnen“

erstellt am 11. Oktober 2002 in Kategorie: Allgemein, Gebirgswanderungen, Mehrtages-Wanderung, Wandern

Bild0029 - KopieNachdem Wanderwart Gerhard Müller bereits 1998 eine 4-Tages-Dolomiten-Tour „Vom Grödner-Joch zum Schlern“ und im Jahre 2000 eine 4tägige Dolomitentour „Rund um den Rosengarten“ mit großem Erfolg für die Engstlatter Albvereinler durchgeführt hatte, plante er für dieses Jahr eine Tour in den Sextener Dolomiten. Zusammen mit seiner Frau Silvia hatte er damit eine gute Wahl getroffen! Dank der genauen Planung und der detaillierten Vorbereitung durch Gerhard und Silvia Müller wurde auch die diesjährige Tour im „Naturpark Sextener Dolomiten“ für alle Teilnehmer zu einem großartigen Erlebnis. Der gesamte Naturpark in den Gemeinden Toblach, Sexten und Innichen nimmt eine Fläche von ca. 11650 Hektar ein und umfaßt die nordöstlichste Gruppe der Dolomiten.

Am Donnerstag, 5. September, bereits um 2 Uhr, starteten 20 Wanderfreunde – darunter 5 Kinder bzw. Jugendliche – zu dieser besonderen Tour. Die zügige Fahrt führte über Bregenz, Bludenz, Arlberg, Brenner, durchs Pustertal nach Sexten. Von dort waren es nur noch wenige Kilometer bis zum 1454 Meter hoch gelegenen Parkplatz Fischleinboden im Fischleintal. Der Regen hatte zwischenzeitlich aufgehört, die Wanderer sich nochmals gestärkt. Um 9.30 Uhr gings dann mit vollgepackten Rucksäcken langsam aber stetig steigend bergan. Bereits hier waren alle vom prachtvollen Fischleintal mit seinen zauberhaften Lärchenwiesen und den darüber kühn aufragenden Zinnen der „Sextener Sonnenuhr“ (Neuner-, Zehner-, Elfer- Zwölfer- und Einserkofel) fasziniert. Das Fischleintal wird oft als „Perle der Dolomitentäler“ gerühmt; der legendäre Luis Trenker soll es als das „schönste Tal der Welt“ bezeichnet haben. In weniger als vier Stunden wurde durch das Fischleintal über die Talschlußhütte und das Altensteiner Tal, vorbei an den herrlichen Bödenseen, die 2405 hoch gelegene „Dreizinnenhütte“ erreicht.
Die Lage des berühmtesten Schutzhauses in den Dolomiten ist einmalig schön. Diese Hütte hat aber auch eine faszinierende Geschichte! Die ursprüngliche Konstruktion geht auf das Jahr 1883 und eine Initiative der Alpenvereinssektion „Hoch-Pustertal“ zurück.Die Hütte wurde bereits 1915 während des 1.Weltkriegs zerstört, zu einer Zeit also, als in den umliegenden Bergen von Italienern (Alpini) und Österreichern (Kaiserjäger und Standschützen) Geschichte geschrieben wurde. Im 1.Weltkrieg verlief die Front quer durch die Sextener Dolomiten! Ihre heutige Form hat die Dreizinnenhütte – offiziell heißt sie „Rifugio Antonio Locatelli“ – dem Wiederaufbau durch den CAI in den Jahren 1923 und 1935 zu verdanken. Eigentümerin ist die Sektion Padua im CAI.
Die direkt bei der Hütte liegenden Erhebungen luden sofort nach Bezug des Übernachtungsquartiers – auf der Dreizinnenhütte wurde zweimal übernachtet – zu einer ersten Gipfeltour ein. Die „Wanderer“, geführt von Silvia Müller, genossen das Bergpanorama vom 2539 Meter hohen Sextenerstein aus. Der Rest der Gruppe durchstieg mit Gerhard Müller den Klettersteig zum „Toblinger Knoten“ – 2617 Meter hoch. Einige wenige absolvierten außerdem eine weitere Klettervariante: Ein recht spektakulärer Aufstieg über den „Leiternsteig“ (17 Eisenleitern) auf den isoliert über dem Toblinger Riedl aufragenden Felszahn! Mit einem hervorragenden Abendessen in der Dreizinnenhütte – die Nordwände der Drei Zinnen vor Augen – ging ein sehr langer aber überaus erlebnisreicher Tag zu Ende.
Am anderen Morgen gab es nur fröhliche Gesichter: Ein gutes und reichhaltiges Frühstück, schönes Wetter und eine hervorragende Sicht. Die Umrundung der berühmten „Drei Zinnen“ bzw. des „Paternkofel“ stand auf dem Programm. Pünktlich um 8 Uhr wanderte die gesamte Gruppe hinab zum „Rienzboden“, empor zur „Langen Alpe“ und zur „Forcella Col di Mezzo“ – 2315 Meter hoch. Von dieser Scharte aus war ein herrlicher Rundblick auf unzählige Gipfel und Zacken gegeben. Der Weg führte dann an der „Auronzo-Hütte“ vorbei zur kleinen Kapelle „Cappella degli Alpini“ und zur „Lavaredo-Hütte“. Hier wurde ausgiebig Rast gemacht. An den Südwänden der „Drei Zinnen“ konnten einzelne Kletterer beobachtet werden. Doch auch die Aussicht auf die Marmarole und den bizarren Zackenwald der Cadini-Spitzen war ein Genuß.

 

Nun teilte sich die Wandergruppe: Gerhard Müller führte zehn Mitwanderer über den Paternsattel in den Felsstollen des Paßportenkopfes. Dann gings stellenweise drahtseilgesichert weiter aufwärts zur Paßportenscharte und weiter in die Gamsscharte – 2585 Meter hoch. Jetzt ging es über eine sehr steile Felswand, wobei fix angebrachte Drahtseile den Aufstieg erleichterten, weiter zum Gipfel. Der Ausblick vom 2746 Meter hohen „Paternkofel“ war für die sehr trittsicheren und schwindelfreien Bergwanderer einmalig. Das 360-Grad-Panorama von diesem geschichtsträchtigen Gipfel – erstmals 1882 bestiegen – ein außergewöhnliches Erlebnis! Neben einem eisernen Gipfelkreuz wird den Gipfelbesteigern das schlichte Denkmal, Sepp Innerkofler gewidmet, in Erinnerung bleiben. Sepp Innerkofler, Bergführer und Wirt der „Dreizinnenhütte“, fand auf dem von Italienern besetzten Gipfel am 4. Juli 1915 den Heldentod. Auf dem Aufstiegsweg ging es dann wieder in die Gamsscharte zurück und weiter durch die Paternkofel-Galerie zur „Dreizinnenhütte“.
Silvia Müller führte ihre Gruppe von der „Lavaredo-Hütte“ aus auf gutem Weg zunächst hinunter zu den „Piani di Cengia“ und wieder hinauf zum „Lago di Cengia“. Dann gings weiter aufwärts zum „Büllelejoch“ und zur gleichnamigen Hütte, 2528 Meter hoch. In gut einer Stunde führte der Weg dann über ein felsiges Hochtal, an der Nordseite des „Paternkofel“ entlang, zur „Dreizinnenhütte“ zurück.
Auch der zweite Tag fand in der „Dreizinnenhütte“ einen schönen Abschluß. Die beiden Gruppen tauschten ihre vielfältigen Erlebnisse aus – dabei wurde auch intensiv über die Ereignisse im Gebirgskrieg 1915 -1917 diskutiert. Dies gab reichlich Gesprächsstoff, zumal im Bereich des „Paternkofel“, aber auch am „Büllelejoch“ immer wieder rostendes Eisen, Stacheldraht, Kavernen, Felsstollen und Schützengräben zu sehen waren. Auch einzelne Bleikugeln wurden gefunden.
Das gute Wetter hielt auch am dritten Tag an. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto hieß es Abschied nehmen von der „Dreizinnenhütte“.Gemeinsam ging es zunächst auf einen ungewohnten Wanderweg! Am „Frankfurter Würstl“ vorbei wurde rasch der „Paternkofelstollen“ erreicht. Dieser Kriegsstollen „Gallerie Paterna“ wurde von September 1916 bis Oktober 1917 von den Italienern gebaut. Rund 600 Meter lang ging es leicht ansteigend und gebückt, mit Taschenlampen ausgerüstet, aufwärts. Die Ausblicke aus den Stollenöffnungen waren faszinierend. Am Ende des Stollens, etwa 2520 Meter hoch, wurde die Gruppe dann wieder geteilt.
 

Die „Klettersteigler“ mit Gerhard Müller legten ihre Gurten an und stiegen auf dem „Innerkofler-De Luca-Klettersteig“ zur „Gamsscharte“ und weiter auf dem „Friedensweg“ zur „Büllelejochhütte“. Auch dieser Abschnitt war teilweise seilgesichert und ein kurzer Holzsteg überbrückte auch eine luftige Felsschlucht. Mit Silvia Müller gingen die „Wanderer“ auf direktem Weg zur „Büllelejochhütte“. Gemeinsam wurde ohne Schwierigkeiten die „Oberbachernspitze“ – 2675 Meter hoch – bestiegen. Die Engstlatter waren zu dieser Zeit allein beim Gipfelkreuz und genossen die großartige Rundumsicht in vollen Zügen! Der „Einser“ zum greifen nahe und doch durch eine riesige Schlucht getrennt; der „Elfer“ mit dem deutlich auszumachenden „Alpinisteig“; der mächtige „Zwölfer“ über der „Zsigmondy-Comici-Hütte“; die „Drei Zinnen“; der „Paternkofel“; der „Toblinger Knoten“ und, und , und…..Auf dem Aufstiegsweg ging es dann wieder zurück zur „Büllelejochhütte“ und dann ganz gemütlich über das „Obernbachernjoch“ zur „Zsigmondy-Comici-Hütte“. Einige wenige machten noch eine etwas größere Runde über die „Zwölferscharte“; doch rechtzeitig zum Abendessen in der Hütte waren alle wieder beieinander.
Die 2224 Meter hoch gelegene Hütte wurde bereits 1886 vom österreichischen Alpenclub gebaut und nach dem berühmten Wiener Bergsteiger Dr. Emil Zsigmondy benannt. Die jetzige Schutzhütte wurde nach dem 1. Weltkrieg von der Sektion Padua des CAI auf den Trümmern der alten Hütte, die gleich bei Kriegsbeginn von der italienischen Artillerie zusammengeschossen wurde, 1929 neu erbaut. Seither trägt sie auch den Namen des sehr erfolgreichen Cortineser Bergführers Emilio Comici. Auch in dieser Hütte war die ganze Gruppe gut untergebracht und durfte sich über ein sehr schmackhaftes und reichhaltiges Abendessen freuen.
Für den vierten und letzten Tag in den Sextener Dolomiten war zunächst „nur“ der Abstieg ins Tal geplant. Doch das weiterhin gute Wetter lud dazu ein, eine weitere Tour durchzuführen.Gerhard Müller hatte sich mit sechs Teilnehmern nochmals etwas ganz besonderes vorgenommen: Die Durchsteigung des „Alpinisteiges“   (der legendäre ehemalige Kriegssteig) über die „Elferscharte“ und die „Sentinella-Scharte“ und der lange und teilweise sehr steile Abstieg zur „Talschlußhütte“! Diese gut fünfstündige Tour mit mancherlei Schwierigkeiten wurde somit zu einem weiteren Höhepunkt und war insbesondere von den beiden 14jährigen Jungen eine großartige Leistung. Der Rest der Gruppe, wiederum sicher von Silvia Müller geführt, machte sich zunächst auf den gleichen Weg: Über den „Eissee“ und das „Innere Loch“ zu den Anfängen des „Alpinisteigs“! Doch nach der „Besichtigung“ dieser außergewöhnlichen Route ging es nochmals zurück zur „Zsigmondy-Comici-Hütte“. Dort konnte die Gruppe bei der Verpflegungsstation auch die vielen Teilnehmer des „Drei-Zinnen-Marathon“ beobachten. Rund 1000 Läufer waren auf der 21 km – Halbmarathonstrecke – Höhenunterschied 1500 Meter – von Sexten über die „Zsigmondy-Comici-Hütte“ mit dem Ziel bei der „Dreizinnenhütte“ unterwegs! Doch nach dieser überraschenden Abwechslung galt es abzusteigen. Ein schöner Wanderweg führte durch die latschenbewachsenen Schutthänge unterm „Einserkofel“ durchs „Bacherntal“ hinab zur „Talschlußhütte“ und weiter zum Parkplatz „Fischleinboden“.
Alle Wanderer waren fast gleichzeitig, jedoch wohlbehalten und vollauf zufrieden, wieder beieinander. Der besondere Dank der Teilnehmer galt dann aber den Wanderführern Silvia und Gerhard Müller. Ihr immenser Einsatz und die tolle Organisation, gepaart mit Hilfsbereitschaft und großer Sachkenntnis waren mit entscheidend für das hervorragende Gelingen dieser Wandertour. (E.M.)

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