Im Gebüsch versteckt – Ein alter Grabstein

erstellt am 14. Februar 2012 in Kategorie: Heimat & Kultur, Historisches

FlattichVor gut 400 Jahren lebte in der Nähe von Brünn in Mähren, das damals österreichisch war und heute tschechisch ist, der adelige Gutsbesitzer Ferdinand Levin Flattich. Er war evangelisch gesinnt, und das wurde in Österreich nicht geduldet. Deshalb sollte er seinen Glauben verleugnen oder seine Heimat verlassen. Würde er zum alten Glauben zurückkehren, dann bekäme er sein Gut wieder, so wurde es ihm schriftlich zugesichert. Flattich aber war sein Glaube lieber. Im württembergischen Nußdorf fand er eine neue Heimat und wurde zum Stammvater eines ganzen Geschlechts württembergischer Beamter und Pfarrer. Sein bekanntester Nachkomme war der Münchinger Pfarrer Johann Friedrich Flattich. Dieses schwäbische Original, ein hochbegabter Mann, war der Einzige, der es wagen durfte, dem Herzog Carl Eugen offen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Seine Tochter Beate wurde die zweite Frau des berühmten Mechanikerpfarrers Phillip Matthäus Hahn im benachbarten Kornwestheim (früher Onstmettingen), sein Sohn Andreas Friedrich aber wurde im Jahre 1789 Pfarrer in Engstlatt. Der hatte drei Jahre zuvor Christiane Friederike Dann geheiratet, die Tochter eines Tübinger Hofgerichtsassessors. Beide Eheleute waren schon in reiferem Alter. Die Frau starb bereits 1794, die Ehe blieb kinderlos. Seine saubere, klare Handschrift in den Kirchenbüchern gibt  den Eindruck von einem freundlichen, geradlinigen, gewissenhaften Manne. Damals waren sehr unruhige Zeiten. Von der französischen Revolution 1793 an bis zum Ende Napoleons 1815, nahmen die Kriege und Truppendurchzüge kein Ende. Flattich blieb in Engstlatt bis zu seinem Tode am Heiligen Abend 1824, wirkte also 35 Jahre lang hier als Pfarrer. An der Mauer, unter Gebüsch versteckt, gleich links, wenn man über die Treppe den Kirchhof betritt, steht sein Grabstein. Längst ist die Inschrift durch den sauren Regen zerstört, doch vor 30 Jahren konnte man sie noch deutlich lesen.

von Pfr. i. R. Martin Vollmer

(der Beitrag wurde im Herbst 1994 im Gemeindebrief der ev. Kirchengemeinde Engstlatt veröffentlicht)

Literatur:

Rund um die Kirche, Gemeindebrief der Evang. Kirchengemeinde Engstlatt Im Herbst 1994